5.3 Atemschutzmasken Ob Atemschutzmasken vor Infektionen allgemein wirksam schützen, ist nicht eindeutig bewiesen, da keine unumstrittenen Wirksamkeitstests vorliegen, die mit lebenden oder abgetöteten Keimen durchgeführt worden wären. Es gibt jedoch – aus der Erfahrung mit SARS – Hinweise dafür, dass die Übertragung von Viren durch Atemschutzmasken eingeschränkt werden kann. Bei der Frage, wem und in welchen Situationen das Tragen von Atemschutzmasken empfohlen werden soll, müssen folgende Faktoren in Bezug auf die Durchsetzbarkeit berücksichtigt werden: der potenzielle epidemiologische Nutzen der Masken, Typ und Beschaffenheit, Verfügbarkeit, Kosten, Verteilung der Masken sowie Dauer und Schwere der Pandemie. Nicht zuletzt stellt sich die Frage des psychologischen Wertes von Masken für die Bevölkerung während der Pandemie. Atemschutzmasken sind in verschiedenen Schutzstufen und Ausführungen erhältlich. Als einfachste Möglichkeit zum Schutz gegen tröpfchengebundene Keime bieten sich chirurgische Masken an. Diese können die Ausbreitung der Keime durch die Atemluft des Erkrankten reduzieren. Empfohlen wird der Maskentyp, der durch ein Gummiband am Kopf des Trägers befestigt wird, denn dieser ermöglicht eine einfache Handhabung und einen guten Halt der Masken. Es werden nur chirurgische Masken (bzw. solche mit Gummiband) vom Typ II oder wenn möglich Typ IIR (R = höherer Spritzerfestigkeitsdruck) empfohlen, die dem europäischen Standard prEN14683 entsprechen. Die Leistungsanforderungen für diesen Typ liegen bei einer Filterwirksamkeit für Bakterien (BFE) bei ≥ 98%, einer Druckdifferenz von < 5.0 mm Wasser/cm2 und einem Spritzerfestigkeitsdruck von ≥ 120 mm Hg. (Die Gesamtleckage dieser Masken liegt in der Regel im Bereich von FFP1-Masken.) Die chirurgischen Masken sind nach ungefähr 2 bis 3 Stunden durchfeuchtet und verlieren dadurch ihre Wirksamkeit. Atemschutzmasken mit höherer Schutzfunktion sind nach der europäischen Norm EN149 in die Schutzstufen FFP1, FFP2 und FFP3 (filtering face piece; in den USA N-95- und N-99-Filter) eingeteilt. Die Filterklassifikation bezieht sich auf die Schutzwirkung vor Partikelgrössen (max. 0.6 μm). Sie liegt bei FFP2-Masken bei min. 95% und bei FFP3-Masken bei min. 99%. Die Filterwirkung der Masken wird durch elektrostatisch geladene Fasern erreicht, deren Wirkung mit der Alterung und bei einer Luftfeuchtigkeit über 80% abnimmt. Die FFP-Masken sind nach ungefähr 8 Stunden durchfeuchtet. FFP2-Masken werden unter anderem zur Infektionsverhütung bei Tuberkulosefällen verwendet. Bei der SARS-Epidemie ergaben sich Indizien für einen möglichen Nutzen der FFP-Masken und der chirurgischen Masken. Weitere Informationen zu Maskentypen finden sich im Kapitel 8 («Pandemie und Betriebe») in Teil III des Influenza-Pandemieplans Schweiz 2006. Hypothesen Die nachfolgenden Hypothesen sind Auszüge aus Kapitel 5 («Arbeitshypothesen und Annahmen im Rahmen der Vorbereitung auf eine Influenza-Pandemie») in Teil I des Influenza-Pandemieplans Schweiz 2006: Die Infektion mit dem Influenzavirus erfolgt hauptsächlich über Tröpfchenübertragung. Auch über einen Hand-Gesicht-Kontakt (Schmierinfektion) kann eine Übertragung erfolgen, wenn eine mit infizierten Tröpfchen kontaminierte Person oder Oberfläche berührt wird. Eine Ausbreitung des Virus über die Luft ist ungewiss. Da der potenzielle Pandemievirus und seine Ausbreitungsart bisher nicht bekannt sind, ist eine Übertragung über die Luft (als Aerosol) nicht auszuschliessen. Es wird explizit darauf hingewiesen, dass diese Empfehlungen nur auf vorläufigen, aktuell verfügbaren Ergebnissen beruhen. Um diese auf wissenschaftlicher Evidenz abzustützen, bedarf es noch weiterer Forschung. Die Empfehlungen des BAG werden jeweils den aktuellen Kenntnissen über die Ausbreitungsart des Virus bestmöglich angepasst.
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Die WHO hält das Tragen von Atemschutzmasken in der Öffentlichkeit zum Schutz der Bevölkerung vor einer Infektion und somit vor einer Ausbreitung der Pandemie für nicht effektiv, überlässt es jedoch den einzelnen Ländern, abweichende Entscheidungen zu treffen. Das BAG empfiehlt in bestimmten Situationen als zusätzliche Public-Health-Massnahme das Tragen von Masken. Zielsetzung Ziel ist die Reduktion des Übertragungsrisikos zum einen durch eine verringerte Belastung der Umgebungsluft mit Viren aufgrund des Tragens von Masken durch erkrankte Personen, zum anderen durch einen vorbeugenden Schutz durch Masken für die Kontaktpersonen des Erkrankten. Empfehlungen in der Übersicht Da für die verschiedenen Personengruppen (medizinisches Pflegepersonal, gesunde Bevölkerung etc.) in den einzelnen Phasen der Pandemie ein unterschiedlich hohes Ansteckungsrisiko existiert, ergeben sich unterschiedliche Empfehlungen des BAG für das Tragen von Masken.
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Die folgende Tabelle dient als Übersicht zu den unten im Detail aufgeführten Empfehlungen. Personengruppe
* FFP2/3 während Aerosol generierender Arbeiten # Da die Erkrankten in dieser Phase hospitalisiert werden, gibt es keine Empfehlung zum Tragen von Masken für die Kontaktperson zuhause. Phase 3 Strategie
Schutz der Personen, die in Kontakt mit erkrankten Tieren kommen, vor einer Übertragung des Virus über die Atemwege. Schutz des Gesundheitspersonals/der Kontaktpersonen vor einer Übertragung des Virus durch erkrankte Personen. Schutz der am neuen Influenzavirus-Subtyp erkrankten Personen vor einer Doppelinfektion mit der saisonalen Influenza.
Empfehlung
Der gesunden Bevölkerung, die keinen Kontakt zu erkrankten Tieren hat, wird nicht empfohlen, Masken zu tragen. Bei Auftreten einer Erkrankung bei einem Tier wird dem exponierten Personenkreis in der Tierseuchenbekämpfung und Tierhaltung das Tragen einer FFP3-Maske empfohlen.Einer an einem tierischen Influenzavirus-Subtyp (z.B. H5N1) erkrankten Person wird das Tragen einer FFP2-Maske ohne Ventil empfohlen, sofern dies der Zustand des/der Erkrankten zulässt. Bei Atembeschwerden sollte eine chirurgische Maske verwendet werden. Für das medizinische Personal bzw. für die Kontaktperson des Patienten empfiehlt sich das Tragen einer FFP2/3-Maske.
1 Für detaillierte Empfehlungen siehe Kapitel 8 «Pandemie und Betriebe», Anhang 2, Teil III, Influenza-Pandemieplan Schweiz
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Phasen 4 und 5 Strategie
Schutz des Gesundheitspersonals/der Kontaktpersonen vor einer Übertragung des Virus durch erkrankte Personen
Empfehlung
Der gesunden Bevölkerung wird nicht empfohlen, Masken zu tragen. In Phase 4 wird einer an einem neuen Influenzavirus-Subtyp erkrankten Person das Tragen einer FFP2-Maske ohne Ventil empfohlen, sofern dies der Zustand des/der Erkrankten zulässt. Bei Atembeschwerden sollte eine chirurgische Maske verwendet werden. Ab Phase 5 gilt für erkrankte Personen das Tragen einer chirurgischen Maske. Um die Übertragung des Virus auf Gesundheitspersonal und Kontaktpersonen durch Tröpfcheninfektion zu verhindern, sind chirurgische Masken bei korrekter Anwendung ausreichend. Den Kontaktpersonen des Patienten (medizinisches Personal, Familienmitglieder) wird das Tragen einer FFP2/3-Maske, zusätzlich zu einer antiviralen Prophylaxe (falls nötig), empfohlen, da so die Infektionsherde am effektivsten eingedämmt werden können. Wenn es allerdings zu einer Häufung der Ausbrüche innerhalb der Schweiz kommt (Phase 5) und eine Eindämmung nicht mehr absehbar ist, ist diese Massnahme (FFP2/3-Masken) nicht mehr adäquat (abhängig von der aktuellen Erkenntnis über die Art des Erregers wie Kontagiosität und Infektiosität, Prävalenz der Erkrankung, Morbidität und Mortalität der infizierten Personen sowie Verfügbarkeit der Atemschutzmasken, siehe Phase 6). Phase 6 Neben der ungeklärten Effektivität der Masken stellt sich in der Pandemie das Problem der Versorgung der Gesamtbevölkerung durch die Produzenten und Grossverteiler. In der Schweiz werden chirurgische sowie die FFP-Atemschutzmasken von einigen wenigen Firmen vertrieben. Für eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung würde bei einer lokalen Pandemiedauer von ca. 6 Wochen eine Menge in der Grössenordnung von max. 300 Millionen Masken benötigt werden. Dies übersteigt die vorhandenen Kapazitäten (2005). Eine Bevorratung von FFP-Masken ist aufgrund der eingeschränkten Haltbarkeit von drei Jahren (siehe oben) nur bedingt möglich. Die eingeschränkte Haltbarkeit gilt nicht für die chirurgischen Masken. Der Bund prüft die Varianten einer Sicherstellung einer Notreserve von ungefähr 20 Millionen Stück chirurgischer Masken, um sie im Falle einer akuten Knappheit einsetzen zu können. Strategie
Selbstversorgung der gesunden Gesamtbevölkerung mit chirurgischen Masken. Versorgung der Arbeitnehmenden mit chirurgischen Masken durch den Arbeitgeber. Selbstversorgung der Erkrankten/Kontaktpersonen mit chirurgischen Masken. Versorgung des Gesundheitspersonals mit chirurgischen bzw. FFP2/3-Masken durch die Kantone. Empfehlung Für die gesunde Gesamtbevölkerung:
Da das Ansteckungsrisiko im Falle einer Grippe-Pandemie nicht überall gleich hoch ist, wird das Tragen einer chirurgischen Maske nicht generell empfohlen. Auch eine geeignete Maske kann die Gefahr einer Virusinfektion nicht völlig ausschliessen. Der Erreger könnte insbesondere bei Handkontakt auch über die Augen und Schleimhäute aufgenommen werden. Eine nicht effiziente Handhabung der Masken z.B. aufgrund mangelnder Anleitung macht dies noch wahrscheinlicher. Zudem ist ein mehrmaliges Austauschen der Masken nötig, da sie durchfeuchten (siehe oben) und
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dann unwirksam werden können. Weiterhin ist eine optimale Anpassung der Maske an das Gesicht nötig, die z.B. durch Barthaare beeinträchtigt wird. Bartträgern wird empfohlen, diesen zu entfernen. In Bezug auf die Anpassung an das Gesicht ergeben sich vor allem für Kinder Schwierigkeiten, da die Masken ursprünglich für Erwachsene entwickelt wurden. Das Tragen einer chirurgischen Maske ist allerdings als sinnvoll zu betrachten, wenn eine potenzielle Exposition an speziellen Orten in der Öffentlichkeit (Menschenansammlungen, öffentliche Verkehrsmittel etc.) nicht vermieden werden kann. Für berufstätige Menschen und bestimmte exponierte Berufsgruppen wird eine Bereitstellung der chirurgischen Masken durch den Arbeitgeber befürwortet (siehe auch Kapitel «Betriebe und Pandemie»). Die chirurgischen Masken werden an die gesunde Bevölkerung nicht kostenlos ausgegeben, sondern müssen durch den Einzelnen käuflich erworben werden. Nach den Empfehlungen der Gesundheitsbehörde soll der Verkauf über Apotheken und Supermärkte erfolgen. Personen aus einkommensschwachen Haushalten könnten die Masken über die Gemeinden/Sozialämter beziehen.
Um bei einem direkten Kontakt eine Ansteckung anderer Menschen über Tröpfchenübertragung zu verhindern, wird erkrankten Personen das Tragen von chirurgischen Masken während der gesamten Ansteckungszeit empfohlen. Zusätzlich sollte die Kontaktperson des Erkrankten bzw. das den Patienten betreuende Familienmitglied ebenfalls eine chirurgische Maske benutzen. Der Kontakt des Patienten zu weiteren Menschen sollte vermieden werden. Auch erkrankte Kinder müssen eine chirurgische Maske tragen, im Falle von Kleinkindern und Säuglingen wird man allerdings darauf verzichten. Man geht von der Schätzung aus, dass je 2 chirurgische Masken pro Patient und pro Kontaktperson pro Tag notwendig sind. Wenn man berücksichtigt, dass die Gabe von Tamiflu® die durchschnittliche Infektiositätsdauer reduzieren kann, und eine Dauer von 5 Tagen annimmt, ergibt sich eine Menge von 20 chirurgischen Masken pro Paar Patient/Kontaktperson. Bei der Berechnung der Anzahl der Masken wird pro erkrankter Person jeweils nur von einer Kontaktperson ausgegangen.
Dem medizinischen Personal wird bei jedem Kontakt (ambulant oder beim Betreten des Krankenzimmers) mit den Patienten das Tragen einer chirurgischen Maske empfohlen. Bei speziellen Handlungen am Patienten bzw. Arbeiten mit erhöhtem Risiko, wie z.B. Bronchoskopie, endotracheale Intubation, Absaugen oder Verneblertherapie, können Viren enthaltende Aerosole entstehen. Daher wird während dieser Arbeiten das Tragen einer Atemschutzmaske des Typs FFP2/3 empfohlen. Die Spitäler sind dafür verantwortlich, ihr Personal in der korrekten Handhabung der FFP-Masken anzuleiten und die Passgenauigkeit in einem «fit check» zu überprüfen. Ebenso wird im Umkreis des Patienten von 1 Meter das Tragen einer Schutzbrille empfohlen. Die einzelnen Kantone entscheiden eigenständig über die Anzahl der benötigten Masken und über die Versorgung der Spitäler, der Ärzte und des ambulanten Pflegepersonals mit den verschiedenen Masken.
2 Bei einem «fit check» wird geprüft, ob während des Tragens der Maske eine Testsubstanz wie z.B. Bitrex oder Saccharin
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Referenzen BVet. Empfehlungen zum Schutz des zur Bekämpfung der klassischen Geflügelpest eingesetzten Personals. 2005.
Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin, «Operationsmasken – Anforderungen und Prüfverfahren», Deutsche Fassung prEN 14683. 2003; 1-15.
Lange JH. Use of disposable face masks for public health protection against SARS. J Epidemiol Comm Health 2004; 85: 434.
U.S. Department of Health and Human Services. HHS Pandemic Influenza Plan. 2005; 233.
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Aufgaben zur Cerimetrie 1. Zur Bestimmung des Titers einer Cer(IV)-sulfat-Lösung, kann diese mit einem Überschuss an Kaliumiodid versetzt und anschließend mit einer Natriumthiosulfat-Lösung bekannten Gehalts zurück Bei der Titration sollen ca. 20 mL Natriumthiosulfat-Lösung (csoll = 0,1 mol/L) verbraucht werden. Welches Volumen Cer(IV)-sulfatlösung (csoll = 0,1 mol/L) ist vorzul
Traditional and Postmodern Spiritualities: Strangers, Rivals or Partners? Within a rather short time period a huge change has taken place: spirituality has garnered much attention not only on the practical level but has also become interesting to scholars from very different fields: theology, philosophy, sociology, educational sciences, and even para-sciences. As a result, we encounter today