Abteilung Anästhesie/Intensivmedizin Dr. Klaus Lang Chefarzt Anästhesie Frau Dr. Christa Brenig Leitende Ärztin Anästhesie Dr. Urs Denzler Leitender Arzt Intensivstation
CH-8208 Schaffhausen, 23. November 2005 , La
Perioperativer Umgang mit vorbestehenden Dauermedikationen Patienten nehmen vielfach chronisch Medikamente ein, welche potentiell mit Anästhetika interagieren und den perioperativen Verlauf negativ beeinflussen können. Ein abruptes Absetzen hat häufig eher deletäre Auswirkungen. Eine evidenzbasierte Nutzen Risiko Bilanz existiert mit Ausnahme der Betablocker für keine Substanzklasse. Nachfolgend sind die wichtigsten Überlegungen zu den einzelnen Substanzklassen zusammengestellt. Beispielhaft sind gängige in der Schweiz erhältliche Substanzen aufgeführt. Bei Patienten, welche Präparate aus dem deutschen Markt einnehmen, sollte jeweils sorgfältig kontrolliert werden, welche Substanzen in den wahrscheinlich weniger bekannten Handelsnamen enthalten sind. Kardiale Medikamente ß – Blocker am OP Tag präoperativ weitergeben
bei Absetzen von ß–Blockern sind Rebound Phänomene möglich
(Herzrhyhtmusstörungen; Tachycardien, Angina pectoris),
Evidenz für Kardioprotektion bei kardialen Risikopatienten
Trasicor, Tenormin, …) Ca- Antagonisten am OP Tag eher weitergeben
kontroverse Diskussion, whs. keine kardioprotektive Wirkung, evtl.
unabhängiger Risikofaktor für postoperative kardiale
Komplikationen, Absetzen kann jedoch Hypertensionen
Plendil, …)
ACE Hemmer, AT 2 präoperativ weglassen, kontrovers diskutiert ! Rezeptor
whs. gehäuft perioperativ Hypotensionen, bei potentieller
Antagonisten
Volumenverschiebung bzw. vorbestehender oder geplanter
Sympathikolyse absetzen. Indikationen evtl. gegeben bei schlecht
eingestelltem Hypertonus oder bei > 4 - 6 h Abstand zwischen
Cave: Halbwertszeit von > 12 – 24 h , kurzfristiges Absetzen
bei Eingriffen in Standby bzw. Lokalanästhesie weitergeben
Nitrate, Molsidomin am OP Tag präoperativ weitergeben
Bei Absetzen Gefahr von Myokardischämien
Corvaton)
α-2-Agonisten am OP Tag präoperativ weitergeben
bei Absetzen Entzugssyndrom, whs. kardioprotektiv bei Risikopatienten
Antiarrhythmika am OP Tag präoperativ weitergeben Digitalis bis Vortag
lange HWZ, (bei Tachyarrhythmia absoluta evtl. bis OP Tag weitergeben), Kalium Werte beachten, Cave Kumulation bei Niereninsuffizienz
Diuretika bis Vortag
Cave Hypovolämie, evtl. Hypokaliämie, Kontrolle Natrium/Kalium
Hygroton, Lasix, Oedemex, Torem, …) α-Adrenorezeptoren bis Vortag (Minipress, Regitin, Cardura)
Statine am OP Tag präoperativ weitergeben
eher positive Datenlage im Hinblick auf perioperatives kardiales
Sortis, Zocor, …)
Antidiabetika Sulfonylharnstoffe bis Vortag
stimulieren die Insulinsekretion, auch postoperativ Hypoglykämien
Glibesifar, Glutril, …)
Biguanide: Metformin2 Tage präoperativ absetzen (Glucophage, Metfin)
schwere Laktatazidosen mit hoher Mortalität beschrieben,
Vorsicht v.a. bei Niereninsuffizienz, pAVK, Herzinsuffizienz
Acarbose (Glucobay)
Retardinsulin bis Vortag (Insulatard, Humaninsulin Ultralong, Semilente, Lantus, …)
Insulin
Bis Eintritt gewohnte Dosierung fortsetzen, bei Eintritt Wechsel auf
Diabetes Schema KSSH je nach Eingriff und bisherigem Regime
ZNS Lithium bis Vortag
Natrium-, Kalium-Kontrolle, Lithiumspiegel sollte < 1.2 mmol/l sein
Neurolithium, Oligosol, Priadel, Quilonorm)
Trizyklische bis Vortag Antidepressiva
Nutzen Risiko Abwägung, hemmen die Wiederaufnahme von
Neurotransmittern, Wirkungsverstärkung von Katecholaminen à
Sinquan, Surmontil, Tofranil, Tryptizol, …)
Neuroleptika bis Vortag
wirken alle antidopaminerg, anticholinerg, antiadrenerg
Dapotum, Dipiperon, Fluanxol, Haldol, Leponex, Nozinan, Prazine, Risperdal, Semap, Seroquel, Zyprexa, …)
Monoaminooxydase möglichst 2 Wochen präoperativ umsetzen auf selektive reversible Präparate der 3. Generation
à schwere exzitatorische Reaktionen, Atemdepression, Koma
Indirekte Sympathikomimetika (z.B. Ephedrin):
Selektive Serotonin bis Vortag Reuptake Hemmer
Cave: In Kombination mit z.B. Pethidin, Tramadol, MAO Hemmern
à Serotonin Syndrom möglich mit Hyperthermie, vegetativer
Gladem, Parexat, Seropram, Zoloft, …)
Antiepileptika am OP Tag präoperativ weitergeben
Weiterführen der antiepileptischen Therapie ist im Hinblick auf das
Verhindern eines perioperativen Krampfanfalls essentiell
Luminal, Mysoline, Neurontin, Orifil, Phenhydan, Tegretol, Timonil, Topamax, Trileptal,…) Andere Medikamente Schilddrüsenhormonebis Vortag (Eltroxin, Euthyrox, Novothyral)
Thyreostatika bis Vortag
bei klinischem V.a. Hyperthyreose Kontrolle von T3.T4, TSH basal
Bronchodilatatoren am OP Tag präoperativ weitergeben Ecovent, Foradil, Oxis, Serevent, Ventolin,…)
TNF-alpha-Blocker Präoperativ absetzen
à deutlich erhöhtes Infektionsrisiko Enbrel (Etanercept) : Ca. 1 – 2 Wochen vor OP Remicade (Infliximab) : Ca. 6 Wochen vor OP Humira (Adalimumab) : Ca. 4 Wochen vor OP
Kortikoide am OP Tag präoperativ weitergeben perioperativ gemäss Schema KSSH Phytopharmaka à siehe „Medikamentengabe vor Operationen
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