Stephan Utzinger, Novartis Pharma AG, Basel
Schlussbericht „binding of cocaine to melanine“
Einleitung
Melanin ist der Oberbegriff für eine Gruppe von Pigmenten unterschiedlichen Ursprungs (Bakterien, Pflanzen, Pilze, Tiere und Mensch) aber gleichen Eigenschaften. Dazu gehört z.B. die Unlöslichkeit in Wasser oder organischen Lösungsmitteln. Melanine sind Makromoleküle, die durch oxidative Polymerisation von phenol oder indolhaltigen Komponenten entstanden sind. Aufgrund der physikalischen Eigenschaften ist die Untersuchung der Bindung von Substanzen an Melanin nicht einfach. In der Entwicklung von Medikamenten ist die Bindung von Substanzen wie Kokain an Melanin relevant, da je nach Bindungsstärke erwünschte, aber auch toxische Effekte auftreten können. Je stärker eine Substanz an Melanin bindet, desto länger verbleibt der Stoff im Organismus. In einem weiteren Schritt wird Kokain mit HLM (human liver microsomes) verdaut. Somit entstehen Metaboliten. Nun ist die Frage, wie stark die Metaboliten von Kokain an Melanin binden. Dies ist wichtig zu wissen, da die Metaboliten durch eine stärkere Melaninbindung als Kokain länger im Körper verbleiben würden. Durch toxische Eigenschaften von Metaboliten können dadurch unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Methodik
Melanin Synthese Zur Melanin Synthese werden 800mg L-Dopa (3,4 Dihydroxy-L-phenylalanine) in 800ml eines 67mM Natriumphosphatpuffers mit pH 8 gelöst. Die Lösung wird bei Raumtemperatur während 4 Tagen gerührt. Bereits nach kurzer Zeit färbt sich die Lösung dunkel. Der Polymerisationsprozess ist beendet, wenn eine konstante UV Absorption der Reaktionslösung bei 405nm beobachtet werden kann, was nach etwa vier Tagen der Fall ist. Danach wird die Lösung während 30 min bei 5000xg zentrifugiert, der Überstand dekantiert und das Pellet in 10ml PBST resuspendiert. Zur Ermittlung der Melaninkonzentration werden drei Mal 0.2ml der Suspension 10min bei 30000xg zentrifugiert. Danach wird der Überstand verworfen und das Melanin während 20min bei 95°C getrocknet. Anschliessend wird das Melanin gewogen und der Melaningehalt der Suspension berechnet. Messung der Bindung von Kokain an Melanin Nachdem das Melanin synthetisiert ist, wird es auf 0.2mg/ml verdünnt. Nun werden verschiedene Konzentrationen (50µM bis 0.4µM) des Kokains der Melaninlösung beigefügt. Während einer Stunde wird die Lösung bei 25°C und 1000rpm inkubiert.
Stephan Utzinger, Novartis Pharma AG, Basel Während dieser Zeit bindet das Kokain an das Melanin. Nach der Inkubation wird die Lösung währen 10min bei 30000xg zentrifugiert. Der Überstand wird mittels HPLC quantitativ analysiert. Das Kokain wird bei einer bestimmten Retentionszeit von der apolaren (reversed phase) Säule mit einem Gradienten von Wasser nach Acetonitril eluiert und bei einer Wellenlänge von 254 nm detektiert. Mit den erhaltenen Konzentrationen können die Bindungsparameter Kd und Bmax berechnet werden. Es bestehen zwei Möglichkeiten zur Berechnung der Bindungsaffinität: Sigma Plot (one site binding) und das Langmuir Modell (multiple site). SigmaPlot Bei diesem Modell gibt es keine Einteilung der Messpunkte. Es ist ein Modell für eine Art von Bindungsstellen mit den gleichen Eigenschaften. Hier entspricht Bmax dem Grenzwert der Kurve und Kd der x-Koordinate des halben y-Wertes von Bmax. Die x-Achse entspricht der Konzentration der Verdünnungsreihe und die y-Achse der gebundenen nmol pro mg. Die Parameter werden mithilfe der Software SigmaPlot berechnet. Langmuir-Modell Bei der Langmuir-Regression gibt es eine Einteilung der Messpunkte in schwache und starke Bindungsstellen. Die Messpunkte derselben Kategorie liegen jeweils ungefähr auf einer Geraden. Die Punkte mit den tieferen y-Werten gelten als die starken Bindungsstellen und diejenigen mit den hohen y-Werten als schwache Bindungsstellen. In der Grafik entspricht die x-Achse der Konzentration des ungebundenen Stoffanteils in nmol pro Liter und die y-Achse dem Quotient der Konzentration des ungebundenen Stoffanteils in nmol/Liter und der Konzentration des gebundenen Stoffanteils in nmol/mg. Die Bindungsparameter werden hier mit einer Linearen Regression mit den entsprechenden Datenpunkten berechnet. Wobei Bmax = 1/Steigung und Kd = Achsenabschnitt * Bmax. Löslichkeit und Bindung an die Gefässwand Eine Unlöslichkeit der Testsubstanz Kokain oder eine Bindung an das Gefäss würde die Resultate verfälschen. Deshalb wird ein Löslichkeitstest durchgeführt. Lösungen von allen Konzentrationen der Testsubstanz bei den entsprechenden Konzentrationen werden für 10 Minuten bei 30000xg zentrifugiert. Die Überstande werden mittels HPLC analysiert. Der Quotient von Fläche/Konzentration der Testsubstanz aufgetragen gegen die nominale Konzentration sollte eine horizontale Linie ergeben. Abweichungen von der horizontalen Linie durch Unlöslichkeit im oberen Konzentrationsbereich oder Bindung an die Gefässwand im unteren Konzentrationsbereich können so sichtbar gemacht werden. Verdauung von Kokain mittels HLM Kokain wird mit HLM in einer 3 mL Lösung metabolisiert. Dazu inkubiert man Kokain (20 µmol/L) in einem Puffer von 100 mmol/L Kaliumphosphat pH 7.4, 5 mmol/L Magnesiumchlorid für zwei Stunden bei 37°C mit HLM von einer totale Proteinkonzentration von 1 mg/mL und 1 mmol/L NADPH als Kofaktor. Nach der Inkubation wird mit 4 mL Acetonitril für eine halbe Stunde bei -20°C die Reaktion gefällt. Die Präzipitate werden durch eine Zentrifugation bei 30‘000xg und 15 Minuten abgetrennt. Nach Evaporation des Lösungsmittels für 15 Minuten bei 40°C und
Stephan Utzinger, Novartis Pharma AG, Basel Stickstoff Begasung wird der Ueberstand weiter mit einer Festphasen Extraktion (96 well Format) aufgereiningt. Schliesslich werden die Metaboliten in 500 µL Wasser ersuspendiert. Messung der Bindung von Metaboliten an Melanin Die in Wasser gelösten Metaboliten werden nun mit verschiedenen Konzentrationen von Melanin inkubiert. Die Konzentrationen des Melanins betragen 0.1mg/ml, 0.05mg/ml und 0.025mg/ml. Die Lösung wird während einer Stunde bei 25°C und 1000rpm im Thermomixer inkubiert. Anschliessend wird 10min bei 30000xg zentrifugiert und der Überstand mittels HPLC analysiert. Resultate Mindestens zwei Messpunkte sollten sich unter-bzw. oberhalb von 50% befinden (50% Regel). Alle Punkte lagen hier über 50%. Aus Zeitgründen verwendete man die erhaltenen Daten zur Berechnung der Parameter. Für die Berechnung verwendete man die Messpunkte von 0.4 bis 25 µmol/L. Bindungskurve: Cocaine / 0.2 mg/ml Melanin
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Auswertung mit SigmaPlot (Model für eine Bindungsstelle): Cocaine / 0.2 mg/ml Melanin Parameter StdErr CV(%) Dependencies Auswertung mit linearer Langmuir-Regression (Model für mehere Bindungsstellen): Cocaine / 0.2 mg/ml c(free)/bound 200 c(free) [nM]
Dort, wo die Steigung gross ist, befindet sich eine starke Bindung. Bmax1 und Kd1 bezeichnen die schwachen Bindungsstellen und wurden durch die Messpunkte zwischen 6-25 µmol/L berechnet. Bmax2 und Kd2 bezeichnen die starken Bindungsstellen und wurden durch die Messpunkte zwischen 0.4-3 µmol/L berechnet.
Bmax1 Kd1 Bmax1/Kd1 Bmax2 Kd2 Bmax2/Kd2
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Löslichkeitskurve: Cocaine Fläche/Konzentra 10
Eine horizontale Linie zeigt, dass die Testsubstanz im gemessene Bereich löslich ist und nicht an die Gefässwand bindet.
Dies ist das HPLC Chromatogramm von Kokain nach dem Verdau mit HLM.
Stephan Utzinger, Novartis Pharma AG, Basel
Dies ist das HPLC Chromatogramm von verdautem Kokain, das mit 0.1mg/ml Melanin inkubiert wurde. Diskussion Mithilfe dieses Experiments wird gezeigt, dass Kokain mittelmässig an Melanin bindet. Dadurch wird es länger im Körper bleiben, als Substanzen, die nur schwach oder gar nicht an Melanin binden, aber weniger lang als Substanzen die stark an Melanin binden, wie zum Beispiel Chloroquine (ein Anti-Malaria Medikament). Die HPLC Analyse des Kokains zeigte, dass das verwendete Kokain nur 90% rein war (UV254 nm), was eine genaue Analyse erschwerte. Wird das Kokain mit HLM verdaut, so entstehen verschiedene Metaboliten. Dies ist ersichtlich, da zusätzliche Peaks im Chromatogram erscheinen. Wird das verdaute Kokain zu Melanin gegeben, kann man durch einen Vergleich der Abnahme der Peak Flächen erkennen, wie stark die Metaboliten im Vergleich zu Kokain an Melanin binden. Allerdings müsste man die Bindung bei gleichen Konzentrationen der Metaboliten und des Kokains vergleichen. Eine genauere Analyse war aus Zeitgründen leider nicht möglich. Die hier erhaltenen Resultate weisen darauf hin, dass keiner der gebildeten Metaboliten stärker an Melanin bindet als Kokain. Danksagung Ganz herzlich möchte ich mich bei meinem Betreuer Stephan Utzinger bedanken, der mir während einer Woche viele interessante Aspekte des Forschens in einem grossen Pharmaunternehmen gezeigt hat. Mein Dank geht zudem an Peter End, der das Projekt koordiniert hat und an die Novartis, die meine Studienwoche mitfinanziert und ermöglicht hat. Herzlichst bedanke ich mich auch bei der Stiftung Schweizer Jugend forscht, die diese Studienwoche organisierte. Dank Schweizer Jugend forscht konnte ich überhaupt an dieser Studienwoche teilnehmen.
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